Für Investoren wird es immer wichtiger, zu verstehen welche Wirkung ihre Kapitalanlagen unter Nachhaltigkeitsaspekten entfalten. In diesem Beitrag beleuchten wir warum die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals = SDGs) hierfür ein guter Orientierungsrahmen sein können.
Verantwortungsvoll anlegen – Investoren suchen nach Möglichkeiten, um dieser wachsenden Anforderung gerecht zu werden. Dies betrifft Privatbanken, deren Kunden solche Produkte nachfragen, genauso wie Pensionseinrichtungen oder andere institutionelle Anleger, die zunehmend Rechenschaft über Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Anlagen ablegen müssen.
Der Druck auf Investoren, bei ihren Anlageentscheidungen Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG-Faktoren) zu berücksichtigen, wächst, und der Trend hin zu nachhaltig ausgerichteten Anlagestrategien gewinnt rasch an Dynamik. In einigen Ländern haben die Regierungen die Führungsrolle übernommen. Europäische, asiatische und afrikanische Staaten haben bereits „grüne“ Staatsanleihen emittiert. Frankreich zum Beispiel hat 2016 als erstes Land weltweit institutionelle Investoren dazu verpflichtet, über die Klimaverträglichkeit ihrer Finanzanlagen zu berichten.
In diesem Zusammenhang haben sich die UN SDGs zum Leitfaden für Investitionen in eine nachhaltigere Welt entwickelt. Sowohl private Investoren als auch Regierungen nutzen die universellen Nachhaltigkeitsziele als Orientierungsrahmen, um ihre Investitionen auf globale Entwicklungsprioritäten auszurichten. Die Realisierung der SDGs ist ein finanzieller Kraftakt und die jüngsten Schätzungen legen nahe, dass die erforderlichen finanziellen Mittel nur im Rahmen des Asset Managements aufgebracht werden können.
Die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) beziffert den Investitionsbedarf auf insgesamt 5 bis 7 Billionen US-Dollar und die Investitionslücke allein in den Entwicklungs- und Schwellenländern auf rund 2,5 Billionen US-Dollar.1
Dem gegenüber steht ein weltweit verwaltetes Anlagevermögen von derzeit 84,9 Billionen US-Dollar, das kontinuierlich wächst – ein enormer Kapitalbestand, den die Politik zumindest teilweise zur Erreichung der SDGs mobilisieren könnte. Noch bemängeln viele Investoren jedoch ein fehlendes Angebot an geeigneten Strategien, die einen messbaren Beitrag zur Realisierung der SDGs leisten.2
Ein universelles rahmenwerk
Die Vereinten Nationen haben die UN SDGs (siehe unten) 2015 als universelle Ziele für eine nachhaltige Entwicklung und als Nachfolge-Rahmenwerk für die auslaufenden Millenniumsziele verabschiedet. Die SDGs sollen die globalen Nachhaltigkeitsanstrengungen fokussieren, indem sie die Unternehmen in den Industrieländern wie auch den Entwicklungs- und Schwellenländern explizit dazu auffordern, mit kreativen und innovativen Lösungen aktiv an der Bewältigung unterschiedlichster Entwicklungsherausforderungen mitzuwirken. Die Unternehmen werden dazu ermutigt, die SDGs als Rahmenstruktur für die Ausgestaltung und Steuerung ihrer Nachhaltigkeitsstrategien sowie für ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung zu nutzen. Asset Manager können das Gleiche tun.
Investoren können durch nachhaltige Anlagen nicht nur einen Beitrag zu supranationalen Zielen leisten. Mittlerweile gibt es auch immer mehr empirische Belege dafür, dass sie durch Anlagen in nachhaltige Unternehmen und Anlagethemen, wie z.B. in erneuerbare Energie, auch potenziell höhere Renditen erzielen können.
Neue lösungen für neue herausforderungen
Anlagestrategien, die sich an den Anliegen der SDGs orientieren, sind zwar stark im Kommen, aber mit Herausforderungen verbunden. Eine der offensichtlichsten ist die große Anzahl an Zielen. Diese Herausforderung adressieren wir dadurch, dass wir die Themen übergreifenden Kategorien zuordnen. So kann eine Anlagestrategie, die den Fokus auf den Klimaschutz legt, zum Beispiel sowohl Ziel Nr. 7 („Günstige und saubere Energie“) als auch Ziel Nr. 13 („Handeln für den Klimaschutz“) umfassen. Andere Investoren legen den Fokus ausschließlich auf die Ziele, die für sie am relevantesten sind. Beide Ansätze sind möglich. Im Interesse einer möglichst großen Wirkung ist es aber in jedem Fall zielführend, Ziele zu bündeln oder den Fokus auf einzelne Ziele zu legen.
Asset Manager können aus mehreren Ansätzen wählen, um ihre Anlagestrategien an den SDGs auszurichten. Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Anlageklassen in unterschiedlichem Maße zu den SDGs beitragen.
So können alternative Anlageklassen eine hohe Wirkung erzielen, wenn Kapital in neue Unternehmen und Projekte investiert wird, die maßgeblich zur Realisierung bestimmter SDGs beitragen. Infrastrukturinvestitionen zum Beispiel stehen im Mittelpunkt von Ziel Nr. 9 („Industrie, Innovation und Infrastruktur“), bei dem es darum geht, „eine hochwertige, verlässliche, nachhaltige und widerstandsfähige Infrastruktur aufzubauen, um die wirtschaftliche Entwicklung und das menschliche Wohlergehen zu unterstützen, und dabei den Schwerpunkt auf einen erschwinglichen und gleichberechtigten Zugang für alle zu legen.“
Doch alternative Anlagestrategien mit hoher, messbarer Wirkung sind für die Mehrheit der Investoren häufig nicht verfügbar. Die zur Weltbank Gruppe gehörende International Finance Corporation (IFC) bietet zielgerichtete Private-Equity-Lösungen mit direkter SDG-Relevanz – zum Beispiel Eigenkapitalbeteiligungen an Firmen von Unternehmerinnen in Schwellenländern, die in direktem Bezug zu den Zielen Nr. 5 und 10 stehen („Gleichheit der Geschlechter“ bzw. „Abbau von Ungleichheiten“). Private-Equity-Anlagen in Ressourceneffizienz- und Umwelttechnologieprojekten in Asien wiederum tragen direkt zu Ziel Nr. 7 bei („Günstige und saubere Energie“). Sie alle versprechen überdurchschnittliche finanzielle Renditen, sind aber nur für eine sehr kleine Gruppe der größten globalen Investoren verfügbar.
Anlagestrategien mit einer breiteren Ausrichtung auf die SDGs können einer größeren Gruppe von Anlegern offenstehen. Ihre Wirkung lässt sich jedoch häufig nur schwer messen. Mittlerweile werden aber Prozesse und Standards entwickelt, die den Beitrag ihrer Anlagen zur Realisierung der SDGs für Investoren transparenter machen sollen.
Anleihen als instrument der wahl
Die Anleihenmärkte zeigen, wie das effektiv funktionieren kann. Neue Standards und Produktinnovationen haben hier einer breiteren Anlegerbasis Zugang zu Investments mit SDG-Bezug eröffnet. Green, Social und Sustainability Bonds bieten Investoren die Möglichkeit, in unterschiedliche Projekte zu investieren, die einen Beitrag zu den SDGs leisten und hohe Standards, auch an das Impact-Reporting, erfüllen.
Als die SDGs verabschiedet wurden, war der Markt für grüne Anleihen acht Jahre alt. Seither hat er sich parallel zum breiteren Markt für Nachhaltigkeitsanleihen kontinuierlich weiterentwickelt. Ein im vergangenen November von der African Development Bank emittierter Social Bond zum Beispiel ist auf sieben verschiedene SDGs ausgerichtet, die unterschiedliche Themenbereiche abdecken – von Ziel Nr. 1 („Keine Armut“) bis zu Ziel Nr. 6 („Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen“). Ähnliche Initiativen gibt es auch in den Industrieländern. So hat die Kommune Madrid mehrere Nachhaltigkeitsanleihen emittiert, die ebenfalls auf sieben UN-Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet sind und zur Finanzierung von Projekten dienen, die von der medizinischen Versorgung bis zur vergünstigten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel durch einkommensschwache Gruppen reichen. Der Schwerpunkt dieser Projekte liegt auf Ziel Nr. 11 („Nachhaltige Städte und Siedlungen“).
Investoren erwarten noch mehr Klarheit in Bezug auf den SDG-Beitrag dieser Instrumente. Columbia Threadneedle Investments gehört der ICMA Social Bonds Working Group an und beteiligt sich in diesem Rahmen an einer neuen Initiative, die speziell die Ausrichtung von Social Bonds auf die SDGs adressiert.
Anleihen sind ein effektives „Impact“-Instrument, da sich ihre Wirkung direkt und transparent messen lässt. Mit Aktien ist das nicht so einfach. Hier können Investoren zwar seit langem aus unterschiedlichen Themen-Fonds auswählen. Häufig besteht aber wenig Klarheit über die tatsächliche Wirkung dieser Strategien, die zudem längst nicht alle SDGs erfasst. Die meisten dieser Strategien konzentrieren sich auf Umweltthemen sowie – seit neuestem – auf die Gleichbehandlung der Geschlechter. In den letzten Monaten sind einige Investmentfonds an den Markt gekommen, die auf eine größere Zahl von SDGs abzielen. Über die Kriterien und Standards, an denen der „Impact“ dieser Aktienstrategien gemessen werden sollte, besteht aber weiterhin wenig Klarheit. Auch wenn das Wachstum dieses Marktes erfreulich ist, sollten Investoren die Portfoliozusammensetzung dieser Fonds kritisch prüfen und ihren potenziellen Beitrag zu den SDGs realistisch bewerten.
Gute aussichten
Am Markt für SDG-Anlagen ist eine größere Standardisierung zu beobachten. Wir gehören einer Arbeitsgruppe der UN Principles for Responsible Investment an, die eine sogenannte „Impact Market Map“ entwickelt. Dieses Tool soll Investoren helfen, Unternehmen zu identifizieren, die einen nachhaltigen Beitrag zur Realisierung der SDGs leisten. Außerdem entwickeln wir neue Ansätze, um nicht nur traditionelle ESG-Kennzahlen zu bewerten, sondern auch den Beitrag unserer Portfoliounternehmen zu den SDGs.
Wir begrüßen die weltweiten Bemühungen um eine universelle Rahmenstruktur, an der sich Unternehmen, Regierungen und Einzelpersonen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen möchten, orientieren können. Das wachsende Interesse der Investoren an der Wirkung ihrer Anlagen stellt eine enorme Chance für die Realisierung der SDGs dar. Der Ansatz mag komplex sein, sendet aber ein klares Signal an den Markt, dass Anlagekapital, freie Märkte und der Finanzsektor Lösungen für einige der drängendsten globalen Herausforderungen bereitstellen können.